Jedes System hat seine Belastungsgrenze. So auch unser Planet Erde, welcher nur eine begrenzte Anzahl an Ressourcen für das Leben von Menschen, Tieren und Pflanzen bereitstellen kann. Durch das rasante Bevölkerungswachstum und die ausbeuterischen Lebensformen des Menschen auf der Erde werden die sogenannten planetaren Grenzen um ein Vielfaches überschritten.

Was sind planetare Grenzen?

Planetare Grenzen beschreiben die Belastungsgrenzen der Erde und ihrer natürlichen Ökosysteme im Hinblick auf die schädlichen Einflüsse des Menschen. Insgesamt werden neun biophysikalische Kategorien unterschieden, die weder einzeln noch in ihrer Gesamtheit überschritten werden sollten.

Ein Übertreten dieser Grenzen stellt demnach eine Gefahr für das jeweilige Ökosystem an sich, aufgrund der vielfältigen Wechselwirkungen zwischen den Ökosystemen untereinander, aber auch eine Gefahr für alle weiteren Ökosysteme dar.

Eine Überschreitung der planetaren Grenzen bedroht zudem langfristig die Lebensgrundlage für Pflanzen und Tiere und demnach auch für die menschliche Existenz.

Planetare Grenzen
Planetare Grenzen beschreiben die Belastungsgrenzen der Erde und ihrer natürlichen Ökosysteme im Hinblick auf die schädlichen Einflüsse des Menschen – Bild: © Roman Pyshchyk #323810810 – stock.adobe.com

Forschungsgeschichte der planetaren Grenzen

Das Modell der planetaren Grenzen geht auf eine Gruppe bestehend aus Erdsystem- und Umweltwissenschaftlern im Jahr 2009 zurück. Unter anderem waren auch Persönlichkeiten wie Nobelpreisträger Paul Crutzen oder der bekannte Klimaforscher Will Steffen Teil der Forschungen. Unter dem Gesichtspunkt der Schaffung einer lebenswerten Zukunft für die menschliche Spezies auf der Erde untersuchten und definierten die Forscher die, zuvor schon angesprochenen, neun planetaren Grenzen. Des Weiteren wurden für sieben der neun Kategorien quantitative und messbare Grenzwerte definiert und eine Einschätzung veröffentlicht, wie ausgereizt diese zum Zeitpunkt der Forschung bereits sind. Drei der neun Grenzen waren bereits im Jahr 2009 überschritten; bei der Aktualisierung im Jahr 2023 wurden zwei weitere Kategorien als übertreten gekennzeichnet.

Genutzt werden sollen die planetaren Grenzen als Handlungsrahmen und Leitlinien für die Politik bei der Festlegung von Klimazielen und Gesetzen, für Unternehmen, aber auch für jeden einzelnen Bürger zur Förderung eines höheren Bewusstseins und mehr Umweltschutz im Alltag.

Forschungsgeschichte der planetaren Grenzen
Das Modell der planetaren Grenzen geht auf eine Gruppe bestehend aus Erdsystem- und Umweltwissenschaftlern im Jahr 2009 zurück – Bild: © Тихон Купревич #391494199 – stock.adobe.com

Die neun planetaren Grenzen

Die neun planetaren Grenzen berücksichtigen Faktoren aus allen Bereichen der Erdgesundheit, wobei aber insbesondere der Klimawandel und der Verlust der Biodiversität als wichtige Schlüsselfaktoren gelten.

Artenvielfalt und eine intakte Biosphäre

Die biologische Vielfalt ist sowohl im Tier- als auch im Pflanzenbereich von entscheidender Bedeutung für gesunde Ökosysteme, da sie eine zentrale Rolle in der Aufrechterhaltung der lebensnotwendigen Ökosystemdienstleistungen spielt. Durch Entwaldung, Überfischung und Verschmutzung der Lebensräume hat der Mensch mit seinem Wirken auf der Erde dramatische Veränderungen in der Biosphäre verursacht und die Aussterberate von Tier- und Pflanzenarten um das 100 – 1.000fache erhöht. Solche Verluste bedrohen nicht nur die betroffenen Arten, sondern destabilisieren auch die Ökosysteme, auf die Menschen angewiesen sind.

Die planetare Grenze im Bereich der Artenvielfalt ist also längst überschritten.

Gemessen wird die Unversehrtheit der Biosphäre an zwei Kenngrößen, einmal der eben schon erwähnten Aussterberate und dem Biodiversitäts-Intaktheits-Index. Als Gegenmaßnahmen ist es von Bedeutung, Schutzgebiete in den Lebensräumen betroffener Arten auszuweisen und zu pflegen. Zudem fördern Renaturierungsmaßnahmen und eine nachhaltigere Landnutzung die Verbreitung und Regeneration bedrohter Arten.

Klimawandel

Die planetare Grenze in der Dimension Klimaschutz bezieht sich auf die Stabilität des globalen Klimasystems, welches eine Vielzahl überlebenswichtiger Umweltprozesse, wie beispielsweise Temperatur und Niederschlag, steuert. Klimatische Prozesse beeinflussen also nicht nur das Wetter, sondern auch die Wasserverfügbarkeit, die landwirtschaftliche Produktion sowie die Gesundheit der Ökosysteme und damit auch der Menschen weltweit.

Gemessen wird die planetare Grenze Klimaschutz anhand der CO₂-Konzentration in der Atmosphäre und/ oder dem Strahlungsantrieb. Um Folgen wie steigende Meeresspiegel, häufige Extremwetterereignisse, Dürren und Hungersnöte zu vermeiden ist es wichtig, die globalen Treibhausgasemissionen mit verschiedenen Maßnahmen wie dem Einsatz erneuerbarer Energien zu verringern.

Klimawandel
Die planetare Grenze in der Dimension Klimaschutz bezieht sich auf die Stabilität des globalen Klimasystems, welches eine Vielzahl überlebenswichtiger Umweltprozesse, wie beispielsweise Temperatur und Niederschlag, steuert | Fotos: © appledesign #455801976 – stock.adobe.com

Biogeochemische Kreisläufe

Die Nährstoffkreisläufe bestehend aus Stickstoff und Phosphor verlaufen normalerweise in einem Gleichgewicht zueinander und sind entscheidend für das Wachstum und die Entwicklung von Pflanzen und somit für die gesamte Nahrungsproduktion. Durch das menschliche Handeln auf der Erde, insbesondere durch die Industrialisierung der Landwirtschaft, liegt der Stickstoffanteil der Atmosphäre aber über den natürlichen Werten. Dies führt zu einer Überversorgung von Ökosystemen und damit unter anderem zur Eutrophierung von Gewässern sowie zu Sauerstoffmangelzonen und dem Verlust der Biodiversität. Gemessen werden die biogeochemischen Kreisläufe an den Parametern Phosphoreintrag in Ozeane (global), Phosphoreintrag in Süßwassersysteme (regional) und der industriellen und beabsichtigten biologischen Bindung von Stickstoff.

Um das Gleichgewicht der Kreisläufe wiederherzustellen, müssen Maßnahmen in den Bereichen nachhaltige Landwirtschaft, Abwasserbehandlung und der Kreislaufwirtschaft erfolgen.

Veränderung von Landnutzungen

Im letzten Jahrhundert hat sich die Landnutzung des Menschen stark verändert. Einfluss auf diesen Prozess nahmen insbesondere die Industrialisierung, das starke Bevölkerungswachstum, zunehmende Flächenversiegelung und die Industrialisierung der Landwirtschaft. Durch diese starken Veränderungen in der Landnutzung können viele Ökosysteme ihre Arbeit nicht mehr vollumfänglich aufrechterhalten. Somit verlieren nicht nur Tiere und Pflanzen ihren Lebensraum, sondern wir Menschen entbehren wertvolle und teils überlebenswichtige Ökosystemdienstleistungen.

Quantifiziert wird die planetare Grenze der Landnutzung am Anteil der ursprünglichen Waldfläche, die bei mindestens 75% liegen sollte. Mit einem aktuellen Wert von 62% ist die planetare Grenze damit deutlich überschritten.

Gegensteuern lässt sich vor allem mit Maßnahmen zur Flächenrenaturierung und -entsiegelung, aber auch mit nachhaltiger Landwirtschaft, der Ausweisung von Schutzgebieten und einer zukunftsorientierten Raumplanung.

Freisetzung neuer Substanzen

Die planetare Grenze der neuen Substanzen beschäftigt sich mit all den Stoffen, die der Mensch neu in die Umwelt einbringt. Gemeint sind also Dinge wie beispielsweise Plastik oder bestimmte Chemikalien, die ohne das Zutun des Menschen nicht existieren würden. Für die Ökosysteme und ihre Organismen können diese schwerwiegende Folgen mit sich bringen. Viele dieser Substanzen sind giftig für Menschen, Tiere und Pflanzen, auch in sehr geringen Konzentrationen. Zudem sind die Stoffe langlebig, reichern sich teilweise sogar mehrere Jahrhunderte in der Umwelt an und zerfallen dabei in immer kleinere Partikel. So gelangen sie dann ins Grundwasser und in den Nahrungskreislauf.

Die planetare Grenze für die Freisetzung neuer Substanzen ist schwerer quantifizierbar als einige andere Grenzen, da die Vielfalt und die unbekannten Eigenschaften der Substanzen eine genaue Bewertung erschweren. Um die Umwelt vor entsprechenden Gefahren zu schützen, ist es wichtig, die Herstellung, Nutzung und vor allem die Entsorgung chemischer Substanzen streng zu überwachen. Zudem muss eine stabilere Kreislaufwirtschaft gefördert und mehr Aufklärungsarbeit in der Bevölkerung geleistet werden.

Umweltverschmutzung im Wasser
Die planetare Grenze der neuen Substanzen beschäftigt sich mit all den Stoffen, die der Mensch neu in die Umwelt einbringt – Bild: © overcrew #63577384 – stock.adobe.com

Luftverschmutzung

Die Konzentration schädlicher Stoffe in der Atmosphäre nimmt in einem besorgniserregenden Maße zu. Die durch den Menschen ausgestoßenen Treibhausgase führen ebenso wie der Ausstoß von Ruß und Aerosolen zu einer Veränderung unseres Klimas und zur Schädigung der menschlichen Gesundheit. Schwefeldioxide, Stickoxide oder flüchtige organische Verbindungen sowie weitere Schadstoffe können zu schwerwiegenden Atemwegserkrankungen, Krebs oder auch frühzeitigen Todesfällen führen.

Gemessen wird die planetare Grenze an der sogenannten Aerosol-optischen Dicke; genaue Schwellenwerte zu definieren ist dabei äußerst komplex.

Als Maßnahmen gegen die Luftverschmutzung empfehlen Experten vor allem drastische Emissionsreduktionen und den Einsatz erneuerbarer Energien.

Ozonschicht

Die stratosphärische Ozonschicht schützt die Erde vor der schädlichen ultravioletten (UV) Strahlung der Sonne. Sie befindet sich in der oberen Atmosphäre etwa 20 bis 30 Kilometer über der Erdoberfläche und absorbiert den größten Teil der UV-B- und UV-C-Strahlung. Dadurch reguliert sich die Temperatur auf der Erde und wir Menschen werden vor der gefährlichen Strahlung geschützt.

Verantwortlich für das Schrumpfen der Ozonschicht sind sogenannte Fluorchlorkohlenwasserstoffe. Diese werden in vielen Alltagsprodukten wie beispielsweise Deosprays verwendet. Globale Messungen zeigen, dass sich die Ozonschicht dank vieler Maßnahmen langsam wieder erholt.

Ozonschicht
Die stratosphärische Ozonschicht schützt die Erde vor der schädlichen ultravioletten (UV) Strahlung der Sonne – Bild: © @nt #51510923 – stock.adobe.com

Versauerung der Ozeane

Ozeane sind in der Lage, CO₂ aus der Atmosphäre aufzunehmen, ohne dass es zu einer signifikanten Verringerung des pH-Werts des Meerwassers kommt. Durch den starken Ausstoß der Treibhausgase nehmen die Ozeane davon aber wesentlich mehr auf, als das natürliche Gleichgewicht verkraften kann und es bildet sich übermäßig viel Kohlensäure, die wiederum den pH-Wert des Wassers senkt.

Dies stellt eine zentrale Gefahr für allen maritimen Lebewesen, insbesondere aber für Korallen, Muscheln und andere Lebensformen dar, die ihre Schalen und Skelette aus Kalziumkarbonat bilden.

Gemessen wird die Versauerung an der mittleren globalen Aragonit-Sättigung in Oberflächenwässern.

Eine drastische Reduktion der Emissionen sowie die Ausweisung maritimer Schutzgebiete sind wirksame Maßnahme gegen die Versauerung.

Süßwasser

Süßwasser erhält Menschen, Tiere und Pflanzen am Leben. Und auch wenn unser Planet zu großen Teilen mit Wasser bedeckt ist, sind davon nur ca. 2,5% Süßwasser, wobei 70% des Süßwassers an den Gletschern und Polaren gebunden ist. Durch den starken Verbrauch von Wasser und dem gleichzeitigen Klimawandel, besteht die Gefahr von Wassermangel, vorwiegend in wasserarmen Gebieten der Erde. Wissenschaftler schlagen vor, dass der globale jährliche Verbrauch nicht mehr als 4.000 Kubikkilometer betragen sollte, um die nachhaltige Nutzung und den Schutz der Süßwasserressourcen zu gewährleisten. Eine Übernutzung führt zu kurzfristigen und langfristigen Schäden der Wasserressourcen.

Gemessen wird die planetare Grenze Süßwasser am Verbrauch (Kubikkilometer/Jahr) von blauem (Wasser von Flüssen, Seen, etc.) und grünem (Pflanzen- und Bodenwasser) Wasser.

Durch Maßnahmen wie dem Aufbau einer nachhaltigen Wasserwirtschaft, Wassersparen in der Bevölkerung und dem Schutz von Gewässern kann zur langfristigen Verfügbarkeit beigetragen werden.


Autorin: Carina Pfeil