Ökosystemdienstleistungen
Unsere Umwelt erbringt uns jeden Tag die wertvollsten Dienstleistungen, ohne die kein Leben auf der Erde denkbar wäre. Von der sauberen Luft, die wir atmen, über das Trinkwasser, welches uns am Leben erhält bis hin zu den Nahrungsmitteln, die uns satt machen – die Leistungen unserer Umwelt sind grundlegend für unsere Existenz. Doch trotz ihrer enormen Bedeutung werden die Ökosystemdienstleistungen oft nicht ausreichend gewürdigt und geschützt.
Inhaltsverzeichnis
Was genau sind Ökosystemdienstleistungen?
Ökosystemdienstleistungen sind die Leistungen, die die Natur dem Menschen auf direktem oder indirektem Wege zur Verfügung stellt. Sie beinhalten alle nötigen Prozesse und Ressourcen, die ein Leben auf der Erde möglich machen und reichen von der Sauerstoffproduktion bis hin zum Bereitstellen von Ressourcen wie beispielsweise Holz oder Feldfrüchten. Für das Überleben, die Gesundheit, den Erhalt der Umwelt und auch für die wirtschaftliche Stabilität sowie das wirtschaftliche Wachstum spielen die Ökosystemdienstleistungen eine zentrale Rolle.
Der Begriff der „Dienstleistung“ ist aber mehr auf einer metaphorischen Ebene zu fassen, die das Bewusstsein für diese wertvollen, von den Menschen oft als selbstverständlich angesehenen, Naturgütern schaffen soll.
Durch das Betrachten der Natur als Produktivkraft sollen die Ökosystemdienstleistungen stärker in das wirtschaftliche und politische Kalkül der Länder einbezogen und auch der breiten Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden.
Die Geschichte der Ökosystemdienstleistungen
Entstanden ist das Konzept bereits im Jahr 1977, während die Erfindung des Namens „Ökosystemdienstleistungen“ auf Ehrlich und Ehrlich im Jahre 1981 zurückgeht. Grundlegende Entwicklungen für die Ökosystemdienstleistungen waren die damals sehr populären Überlegungen und Theorie zum Ende des Wachstums sowie die Brundtland-Kommission. In diesen Zeiten formte sich das wachsende Bewusstsein in Bezug auf die Endlichkeit der natürlichen Ressourcen und dem Wert einer gesunden Umwelt.
Bekannt wurde das Konzept der Ökosystemdienstleistungen schlussendlich durch das Millennium Ecosystem Assessment. Die in den Jahren 2001-2005 durchgeführte Studie der UN drehte sich um den aktuellen Zustand und die Entwicklung der weltweiten Ökosysteme. Entstanden sind dabei die vier verschiedenen Kategorien der Ökosystemdienstleistungen, mit denen bis heute gearbeitet wird.
Kategorien der Ökosystemdienstleistungen
Die Ökosystemdienstleistungen lassen sich gemäß der Millennium-Studie in vier verschiedene Kategorien einteilen:
Versorgungsleistungen
Die Versorgungsleistungen des Ökosystems tragen die Funktion, Menschen, Tiere und Pflanzen mit lebensnotwendigen Gütern zu versorgen. Dazu zählen sauberes Wasser, landwirtschaftliche Erzeugnisse sowie das Bereitstellen von Holz, Sand und anderen Ressourcen, die für die Herstellung verschiedener Produkte verwendet werden.
Regulierungsleistungen
Die Regulierungsleistungen beziehen sich auf die Mechanismen, die die Kreisläufe unseres Planeten sowie das Gleichgewicht aufrechterhalten. Sie tragen zur ökologischen Balance bei, indem sie natürliche Prozesse regulieren. Dazu gehören beispielsweise die Bestäubung von Pflanzen, die Klimaregulation sowie auch die natürliche Wasserreinigung. Durch die Regulationsleistungen werden Umweltrisiken minimiert.
Kulturelle Dienstleistungen
Die kulturellen Ökosystemdienstleistungen beinhalten die immateriellen Leistungen und Vorteile, die die Menschen aus den Ökosystemen erhalten. Dazu zählen körperliche und geistige Erholung in der Natur, Outdoor-Sportmöglichkeiten sowie ästhetische, spirituelle und kulturelle Werte.
Natürliche Landschaften, eine gesunde Umwelt und Zeit in der Natur tragen erheblich zur physischen und psychischen Gesundheit bei.
Basisleistungen / Unterstützende Leistungen
Die Basisleistungen umfassen die Prozesse, ohne die die anderen Ökosystemdienstleistungen nicht existieren würden. Gemeint sind damit zum Beispiel die Photosynthese, der Wasserkreislauf und die Bodenbildung, zur Aufrechterhaltung eines gesunden Systems und der Fruchtbarkeit. Darum werden die Basisleistungen auch als unterstützende Leistungen bezeichnet.
Neben den positiven Ökosystemdienstleistungen existieren aber auch Erscheinungen der Natur, die für den Menschen nachteilige bis sogar lebensgefährliche Wirkungen haben.
Die Rede ist hier von Naturkatastrophen wie Lawinen, Flutwellen, Dürren oder Schädlingsplagen. Zu bedenken ist aber, dass alle diese nachteiligen Naturereignisse zwar auch ohne menschliches Zutun existieren, aber der Mensch durch sein umweltschädliches Verhalten die Häufigkeit und die Intensität solcher Ereignisse drastisch erhöht.
Bedrohungen für die Ökosystemdienstleistungen
Unsere Ökosystemdienstleistungen sind mittlerweile durch das Wirken von über acht Milliarden Menschen auf der Erde zahlreichen Bedrohungen ausgesetzt, die ihre Funktionalität und Stabilität enorm gefährden. Die gravierendste Bedrohung dabei ist die Umweltverschmutzung. Die Schadstoffe aus Industrien, der Landwirtschaft sowie den (urbanen) Siedlungsräumen gelangen in die Luft, ins Wasser und in den Boden und beeinträchtigen dort die normale Funktionalität sowie die Qualität der Ökosysteme. Kontaminierte Wasserquellen, Übersäuerungen und Nitratbelastungen der Böden sowie die Reduktion der biologischen Vielfalt und eine massive Störung des empfindlichen Gleichgewichtes sind nur wenige Folgen der globalen Umweltverschmutzung.
Ein weiteres bedeutendes Problem besteht in der Landnutzungsänderung und der zunehmenden Versiegelung natürlicher und naturnaher Flächen zu Siedlungs- und Verkehrsflächen.
Durch die Flächeninanspruchnahme werden Lebensräume zerschnitten oder gar zerstört, was zu einem Verlust an Biodiversität und fragmentierten Ökosystemen mit unzureichender Stabilität führt. Dienstleistungen wie die Bestäubung oder die Regulation des (lokalen) Klimas können so nicht mehr in vollem Maße ausgeführt werden.
Die Übernutzung von Ressourcen schränkt die Ökosysteme ebenfalls in ihrer Leistungsfähigkeit ein. Überfischung, exzessive Wasserentnahme und der Abbau mineralischer Rohstoffe können Ökosysteme über ihre Belastungsgrenzen hinaus strapazieren, was nicht nur zum direkten Verlust der Ressourcen, sondern auch zu einer Beeinträchtigung der Regulationsfähigkeit der Ökosysteme führt.
Auch invasive Arten sind in der Liste der Bedrohungen der (heimischen) Ökosysteme zu nennen. Invasive Arten sind gebietsfremde Tier- oder Pflanzenarten, die durch ihre breitere ökologische Nische einen größeren Toleranzbereich gegenüber ihrem Lebensraum aufbringen. Dadurch sind sie anpassungsfähiger gegenüber Veränderungen der Nahrung, des Klimas oder der Habitate und vermehren sich oft stark. Heimische Arten mit einer geringeren ökologischen Toleranz werden durch die unempfindlichen Arten verdrängt. Struktur und Funktionalität der Ökosysteme werden dadurch wesentlich beeinträchtigt.
Visionen für eine nachhaltige Zukunft
Eine nachhaltige Zukunft und ein Leben im Einklang mit der Natur erfordern ein umfassendes Umdenken in unseren Lebens- und Wirtschaftsstilen. Im Mittelpunkt dieser Vision stehen unsere Ernährung und die Landwirtschaft. Letztere muss zu einer Form werden, die Monokulturen vermeidet, die Bodenfruchtbarkeit erhält, Wasserressourcen schont und die Biodiversität fördert. Fruchtwechsel, das Anpflanzen alter Sorten sowie das Pflanzen von Heckenstreifen zwischen den Feldern sind einige von vielen möglichen Maßnahmen. Zudem haben wir Konsumenten einen großen Einfluss auf die Landwirtschaft. Unser Bewusstsein muss sich wieder auf eine gute und pflanzenbasierte Ernährungsform einstellen und wir müssen bereit sein, höhere Preise für hochwertige, regional und biologisch produzierte Waren zu bezahlen.
Weitere Pfeiler auf dem Weg in eine nachhaltige Zukunft sind erneuerbare Energien. Der Übergang von fossilen Brennstoffen zu erneuerbaren Energiequellen wie Solar-, Wind- und Wasserkraft ist entscheidend, um Treibhausgasemissionen zu reduzieren und das Klima zu schützen.
Eine nachhaltige Stadtentwicklung zielt darauf ab, Städte wieder lebenswert zu gestalten.
Durch die Integration von Grünflächen wird nicht nur das lokale Klima verbessert, sondern den Einwohnern auch eine gute Möglichkeit gegeben, Natur zu genießen und kennenzulernen. Unterwegs mit effizienten öffentlichen Verkehrsmitteln wird das Auto in der Stadt der Zukunft nur noch eine untergeordnete Rolle spielen, während sich die Mobilität aus einer smarten Kombination aus Fahrrad, E-Scooter, ÖPNV und Fußwegen zusammensetzt. Die Stadt der Zukunft wird zudem eine Stadt der kurzen Wege mit fußläufiger Erreichbarkeit nahezu allen wichtigen Infrastrukturen. Energieeffizient gestaltete und begrünte Gebäude verbessern das lokale Mikroklima und sorgen für eine angenehme Raumtemperatur im Inneren, während auf dem Dach durch Photovoltaikanlagen der eigene Strom gewonnen wird.
Um all diese Ideen erfolgreich umsetzen zu können, bedarf es einer engen und insbesondere einvernehmlichen Zusammenarbeit aller politischen Ebenen gemeinsam mit Unternehmen und der Öffentlichkeit. Politische und wirtschaftliche Rahmenbedingungen müssen so gestaltet werden, dass sie Nachhaltigkeit fördern; die Menschen müssen bereit sein, ihre aktuellen Lebensstile zu hinterfragen und anzupassen.
Autorin: Carina Pfeil