Die ökologische Stadt der Zukunft – Wohl kaum ein Thema bietet so viel Interpretationsspielraum als die Frage danach, wie sich unserer Städte und Siedlungen in naher Zukunft verändern werden. Smarter, vollständig digitalisiert, überfüllt oder geprägt von schlechter Luft und Kriminalität?
Die Szenarien der Stadt der Zukunft können in ganz viele verschiedene Richtungen gehen und zugegebenermaßen ist es in unserer schnelllebigen Welt wirklich nicht leicht, sich die Stadt der Zukunft vorzustellen.

Globale Herausforderungen der Städte

Trotzdem ist eine Sache klar. Unsere Städte müssen ökologischer und nachhaltiger werden, denn sonst ist für uns Menschen bald kein Leben in den Städten mehr möglich. Die weltweite Verstädterung ist noch lange nicht abgeschlossen und bis zum Jahr 2030 werden schätzungsweise über 5 Milliarden Menschen in Städten leben.
Das Stadtwachstum erreicht vor allem in den Entwicklungs- und Schwellenländern in Afrika, Asien und Südamerika schwindelerregende Höhen und ohne eine nachhaltige Stadtentwicklung wird das Leben in den Städten schon bald nicht mehr lebenswert sein.

Städte stoßen bereits heute vielerorts an ihre ökologischen und infrastrukturellen Grenzen, was das Leben in ihnen deutlich erschwert.

Die wachsende Bevölkerung benötigt mehr Ressourcen, wie zum Beispiel Wasser, Nahrung, Energie und Mobilität. Dies stellt nicht nur eine planerische Herausforderung für die Stadtverwaltung dar, sondern kann auch zu grundlegenden Beschaffungsproblematiken führen. Städte sind in dem Sinne Systeme, die im Gegensatz zum ländlichen Raum nicht in der Lage sind, sich mit den lebensnotwendigsten Gütern selbst zu versorgen. In der Stadt können nicht ausreichend Nahrungsmittel produziert, kein Trinkwasser gewonnen und nur wenig Energie bereitgestellt werden.
Das Ökosystem Stadt funktioniert im Prinzip wie ein Fließband, mit welchem auf der einen Seite Rohstoffe und Ressourcen zum Leben vom Umland in die Stadt reintransportiert und zur anderen Seite als Abfall und Emissionen wieder aus der Stadt herausgeleitet werden. Eine Stadt kann ohne ihr (ländliches) Umland nicht überleben. Dies wird aber insbesondere dann problematisch, wenn die Stadt sich derartig in alle Richtungen ins Umland zersiedelt oder mit dem ländlichen Raum zu einem gigantischen urbanisierten Metropolraum verschmelzt.

Die ökologische Stadt der Zukunft
Unsere Städte müssen ökologischer und nachhaltiger werden, denn sonst ist für uns Menschen bald kein Leben in den Städten mehr möglich | Fotos: © Blue Planet Studio #559262794 – stock.adobe.com

Der Klimawandel als Gefahr für die Städte

Eine weitere zentrale Herausforderung ist der Klimawandel. Auch in unseren Breiten wird es im Sommer immer heißer und trockener und die extremem Wetterbedingungen sind vor allem in den Städten zu spüren. Durch die dichte Bebauung und den hohen Versiegelungsgrad mit überwiegend dunklen Bodenbelägen entstehen in den urbanen Gebieten Hitzeinseln und enormer bis teilweise sogar gesundheitsschädlicher Hitzestress für die Bewohner.

Die Extremwetter schlagen sich auch immer wieder in ergiebigen Starkregenfällen nieder, welche vor allem die lokale Kanalisation der Stadt überlasten und zu städtischen Hochwassern führen. Auch daran ist u.a. der hohe Versiegelungsgrad Schuld. Versiegelter Boden kann kein Wasser aufnehmen. Somit erhöht sich die Abflussmenge des Niederschlages und es entstehen Abflussspitzen im Kanalsystem. Die Liste mit den akuten und potenziellen Risiken der Städte in naher Zukunft könnte man hier jetzt in jeder Hinsicht noch nahezu endlos weiterschreiben.
Doch mit welchen Mitteln kann eine Stadt umweltfreundlicher und damit weniger Vulnerabel gegenüber äußeren Bedingungen gemacht werden?

Klimawandel Gefahr für Städte
Der Klimawandel als Gefahr für die Städte | Fotos: © AIExplosion #571603872 – stock.adobe.com

Nachverdichtung

Nachverdichtung als Maßnahme zur ökologischen Aufwertung von Städten klingt erst mal kontrovers, ist aber tatsächlich eine der wichtigsten Maßnahmen überhaupt.

Ein großes Problem von Städten ist hierzulande die Flächenknappheit und daraus resultierend die Wohnraumnot und exorbitante Mietpreise.

Dies führt zu einem Wachstum der Städte in ihr Umland und nimmt immer mehr, vorher landwirtschaftlich genutzte, Flächen oder natürliche Flächen für Siedlungs- und Verkehrszwecke ein. Genau diese nicht bebauten Flächen im Umland einer Stadt sind aber enorm wichtig. Zum einen für die landwirtschaftliche Produktion von Nahrungsmitteln, um unter anderem die Stadtbevölkerung zu ernähren, als auch als Naturraum, Retentionsraum und Kaltluftproduktionsflächen. Auf den unbebauten Flächen am Rande einer Stadt wird vor allem in der Nacht kalte Luft produziert, welche dann über die bodennahen Flurwinde in die Stadt strömt und zur nächtlichen Abkühlung beiträgt.
Je mehr man diese Flächen für weitere Bebauung wegnimmt, desto geringer ist die Kaltluftproduktion und desto weiter entfernt liegen insbesondere die innerstädtischen Bereiche von solchen Flächen, was wiederum bedeutet, dass in den Stadtzentren irgendwann gar kein Flurwind mehr ankommt und die nächtliche Hitze steigt. Daher müssen Städte Flächen im Außenbereich schützen und lieber den Innenbereich doppelt und dreifach nachverdichten. Dies geschieht beispielsweise über die Nutzung von Baulücken bis zur vertikalen Nachverdichtung in Form von zusätzlichen Geschossen.

Grüne und Blaue Infrastruktur

Im Kampf gegen den Klimawandel und die Bildung städtischer Hitzeinseln ist es besonders wichtig, grüne Ecken in der Stadt zu schaffen, wo auch immer es möglich ist. Bewährt hat sich dabei das sogenannte Pocket-Park Konzept. Dabei werden im gesamten Stadtgebiet viele kleine Parks, zum Beispiel in Innenhöfen von Gebäudeblöcken, verteilt. Diese helfen dem lokalen Mikroklima und wirken der Bildung von Hitzeinseln besser entgegen, als ein großer Stadtpark an einer Stelle der Stadt. Zudem bieten die Pocket Parks auch weniger mobilen Menschen, für die der nächste große Park vielleicht zu weit weg ist, die Möglichkeit ins Grüne zu gehen.

Auch für ein besseres Management von Niederschlägen helfen kleine, im Stadtraum verteilte Grünflächen. Ausgestattet mit bienenfreundlichen Pflanzen und kleinen Hecken und Bäumen tragen sie zudem einen wertvollen Beitrag zum städtischen Artenschutz und der Ästhetik des Stadtraums bei. Auch Urban Gardening Projekte können in solchen Parks realisiert werden. Ein weitere wichtiger Aspekt zur Verbesserung der Ökologie der Stadt ist die Implementierung blauer Infrastruktur, also Wasser in der Stadt. Wasser hat durch die Verdunstungskälte einen wichtigen positiven Einfluss gegen die Überhitzung im Stadtraum.

Wichtig dabei ist, dass das Wasser als Wasserspiel oder als Bachlauf in Bewegung bleibt. Den Menschen bietet es neben dem thermischen Komfort die Möglichkeit, Hände und Arme an einem heißen Sommertag zu kühlen und eine schönere Ästhetik öffentlicher Plätze zu genießen.

Grüne Ecken in der Stadt
Im Kampf gegen den Klimawandel und die Bildung städtischer Hitzeinseln ist es besonders wichtig, grüne Ecken in der Stadt zu schaffen, wo auch immer es möglich ist | Fotos: © Audrius #457194683 – stock.adobe.com

Einführung nachhaltiger Baupraktiken

Gebäude müssen ökologischer und energieeffizienter werden. Nachhaltige Baupraktiken umfassen Merkmale wie energieeffizientes Design, Verwendung erneuerbarer Ressourcen und umweltfreundliche Baumaterialien. Darüber hinaus sollten in Altbauten Grundrissanpassungen vorgenommen werden.

In den meisten älteren Gebäuden sind die Schlaf- und Wohnräume nach Süden hin ausgerichtet.

Wegen der besseren Lichteinstrahlung war das bis vor einiger Zeit noch eine gängige Planungspraxis. Heute jedoch vermeidet man dies, da sich die Gebäude auf der Südseite am meisten erhitzen und somit in den Wohnungen der Hitzestress genau in den Räumen entsteht, in denen sich die Menschen am Meisten aufhalten. Um Abhilfe zu schaffen, schaffen die Bewohner sich Klimaanlagen an, welche aber wiederum alles andere als ökologisch sind und durch das Hinausleiten der heißen Luft die städtische Hitze noch verschlimmern.

Freihalten von Luftkorridoren

Ein gesunder städtischer Luftaustausch ist das zentralste Element in der Frage, wie stark sich eine Stadt aufheizt. Werden die Kaltluftschneisen durch Gebäude versperrt oder die Gebäude sind so hoch und dicht an die Straßen gebaut, dass Winde in der Schlucht kanalisieren, kann sich die Luft in der Stadt nicht mehr austauschen.
Heiße, mit Schadstoffen und Emissionen belastete Luft wird somit nicht abtransportiert, sondern hängt wie eine heiße Dunstglocke über der Stadt. Je nach Relief kann dies, wie beispielsweise in Stuttgart, richtig problematisch und sogar gesundheitsschädlich werden. Daher sollten städtische Kaltluftschneisen gezielt identifiziert und von Bebauung freigehalten werden.

Die Stadt der Zukunft blickt also ganz schön vielen Herausforderungen in den unterschiedlichsten Bereichen entgegen, welche es gemeinsam zu lösen gilt. Wichtig ist dabei natürlich auch in erheblichem Maße das umweltbewusste und nachhaltige Verhalten der Bewohner der Stadt, welche durch ihren Lebensstil und ihre Verhaltensweise das städtische Ökosystem prägen. Es ist an der Zeit, aktiv zu werden und nachhaltige Formen des städtischen Leben zu entwickeln, um diese Räume auch für künftige Generationen bewohnbar zu machen.


Autorin: Carina Pfeil