Überwinterung – Winterschlaf, Winterruhe und Winterstarre
Wenn der Winter naht, stehen viele Lebewesen vor einer Herausforderung. Nicht nur uns Menschen wird dann kalt, sondern besonders Tiere benötigen eine ausgeklügelte Strategie, um den Winter mit seinen Frosttagen und der erschwerten Futtersuche zu bewältigen. Sie setzen dabei auf unterschiedliche Methoden, wie beispielsweise den Winterschlaf, die Winterstarre oder die Winterruhe. Andere Tiere wandern über Winter aus.
Inhaltsverzeichnis
Wie verbringen Vögel den Winter?
Im Tierreich haben sich ganz unterschiedliche Strategien für den Winter herausgebildet. Am besten haben es hier zweifelsfrei die Vögel. Die sogenannten Zugvögel verbringen den Sommer in Deutschland und begeben sich für die kalten Tage in ein Winterquartier im Süden Europas oder auch in Afrika. Zu den bekanntesten Zugvogelarten gehören der Kranich, die Wildgänse oder auch die Nachtigall.
Der Hauptgrund für das Überwintern in anderen Gebieten sind aber nicht die kalten Tage hier in Deutschland, sondern insbesondere die Futtersuche, welche sich für die Arten in den Wintermonaten durch Frost, Eis und Schnee als nahezu unmöglich herausstellt. Insekten und Samen sind so für die Tiere kaum noch zu finden und die meisten von ihnen würden hier im Winter wahrscheinlich schlussendlich verhungern. Evolutionsbedingt haben die Vögel somit eine „genetische Abflugzeit“, zu der sie das Habitat hier verlassen und sich auf den Weg in den Süden machen. Diese Abflugzeit unterscheidet sich bei den Arten teilweise sehr. Einige wenige fliegen schon in den Hochsommermonaten Juli und August los, während andere erst Ende November oder im Dezember fliegen.
Die meisten Arten machen sich aber im Oktober auf den Weg ins Winterquartier.
Arten wie der Kuckuck oder die Nachtigall sind sogenannte Langstreckenzieher. Das bedeutet, sie legen große Distanzen bis in ihr Überwinterungsquartier nach Afrika zurück und fliegen dementsprechend früh im Jahr bereits los. Vögel, die nur kürzere Strecken fliegen und ihr Überwinterungsgebiet im Westen Europas oder am Mittelmeer haben, fliegen später im Jahr los. Zu ihnen gehören beispielsweise der Kranich oder auch der Star. Sie werden als Kurzstreckenzieher bezeichnet.
Während des Fluges orientieren sich die Vögel an der Sonne, in der Nacht an den Sternen und teilweise auch am Mond. Darum haben die Tiere auch besonders mit der Lichtverschmutzung in den Städten zu kämpfen. Fliegen die Vögel in der Nacht über eine taghell erleuchtete Großstadt, haben sie durch das Licht mit enormen Orientierungsschwierigkeiten zu tun. So kann es passieren, dass ganze Zugvögelschwärme völlig ihre Orientierung verlieren und stundenlang sinnlos umherfliegen. Dadurch verlieren sie nicht nur wertvolle Zeit für ihre Reise, sondern insbesondere auch viel Kraft. Zudem zerstört die Orientierungslosigkeit die Formation im Flugschwarm und einige Tiere sterben, wenn sie durch die mangelnde Orientierung gegen hohe Gebäude fliegen.
Normalerweise fliegen Zugvögel in einer V-Formation. Dadurch sparen sie aktiv Energie, da jeder Vogel (bis auf den ersten) im Windschatten des anderen fliegt. Die Positionen werden im Laufe des Fluges durchgewechselt und die Vögel schaffen so eine längere Distanz ohne Pause.
Neben den Zugvögeln gibt es aber auch einige Arten, die in Deutschland überwintern oder sogar zu uns kommen. Die sogenannten Standvögel (z.B. Amsel, Spatz) bleiben in ihrem Habitat, während die Strichvögel (z.B. Wasservögel) lediglich in anderen Teilen Deutschlands überwintern. Zu den Überlebensstrategien im Winter gehört für die Vögel unter anderem dazu, ihre Nahrungspalette signifikant zu erweitern. So suchen Vögel, die sonst eigentlich eher auf Insekten und Würmer stehen, nun auch vermehrt Körner und Samen. Zudem legen sich die meisten einen Vorrat an, denn die Tage reichen den Vögeln durch die verkürzte Helligkeit im Winter oft zur ausreichenden Futtersuche nicht aus. Daher ist es besonders wichtig, heimische Vögel im Winter mit Vogelfutter zu unterstützen. Eine aufgestellte Futterschale beispielsweise ermöglicht dem Vogel direkten Zugang zu ausreichend Nahrung und das Tier kann so wertvolle Zeit und besonders Energie einsparen. Auch Nistkästen und Vogelhäuschen sind hilfreich, um den Tieren einen sicheren Unterschlupf zu bieten. Bitte auch immer daran denken, sowohl Futter als auch Vogelhaus katzensicher zu platzieren.
Winterschlaf
Da alle Tiere ohne Flugkünste wenig Möglichkeiten haben, die kalte Jahreszeit in einem anderen Land zu verbringen, haben sie sich anderweitige Strategien zugelegt.
Der Winterschlaf ist eine dieser und wird unter anderem von den Igeln, den Siebenschläfern oder auch den Fledermäusen genutzt. Es handelt sich hierbei um einen physiologischen Zustand, in dem Tiere ihren Stoffwechsel drastisch verlangsamen. Die Körpertemperatur wird stark abgesenkt, die Herzfrequenz sinkt und auch die Atmung wird langsamer. So sparen sie Energie ein, da sie kaum fressen oder sich bewegen. Im Herbst legen sie Fettreserven an, die ihnen helfen, ohne Nahrung durch den Winter zu kommen.
Wie genau der Winterschlaf aussieht, ist von Art zu Art unterschiedlich. Einige wachen mehrfach im Winter auf, um die Schlafposition zu verändern und ihr Geschäft zu erledigen, andere hingegen bleiben wesentlich länger in einem konstanten Schlaf. Murmeltiere beispielsweise, die in höher gelegenen Gebieten leben, verbringen bis zu sechs Monate in ihrem Bau, völlig abgeschottet von der Außenwelt.
Die erstaunlichste Anpassung beim Winterschlaf ist die Fähigkeit, die Körpertemperatur massiv abzusenken – teilweise auf nur wenige Grad über dem Gefrierpunkt.
Gleichzeitig sinken Herzschlag und Atmung auf ein Minimum. Die Fettreserven, die während des Herbstes angelegt werden, dienen als wichtigste Energiequelle während des Winterschlafs. Diese Fettpolster bestehen vor allem aus speziellem „braunen Fett“, das besonders effektiv in Energie umgewandelt werden kann. Der Körper zehrt über Wochen und Monate von diesen Reserven, bis im Frühling wieder ausreichend Nahrung zur Verfügung steht.
Winterstarre
Die Winterstarre ist eine Überlebensstrategie, die sich besonders bei wechselwarmen Arten (Reptilien, Amphibien und Insekten) finden lässt. Im Gegensatz zum Winterschlaf oder zur Winterruhe, bei denen die Körpertemperatur nur teilweise heruntergefahren wird, bedeutet Winterstarre eine nahezu vollständige Anpassung an die äußeren Temperaturen. Tiere in der Winterstarre sind völlig bewegungslos, und ihre Körperfunktionen auf ein Minimum reduziert.
Das Besondere an wechselwarmen Tieren ist, dass sie ihre Körpertemperatur nicht selbst regulieren können. Sie sind also auf die Außentemperaturen angewiesen. Im Gegensatz zum Winterschlaf wachen die Tiere aber nicht auf, sondern verleiben den kompletten Winter über in dieser Starre. Sie verbleiben für die ganze Zeit an einem geschützten Ort, hauptsächlich unter Steinen, im Schlamm oder tief im Laub. Erst wenn die Temperaturen im Frühjahr wieder steigen, beginnen die Tiere allmählich wieder ihre Aktivitäten auf.
Obwohl die Winterstarre eine gute Möglichkeit zur Überwinterung ist, bringt sie allerdings auch erhebliche Risiken mit.
Ein besonders großes Problem stellt das Einfrieren dar. Bei Amphibien und Reptilien, die sich nur wenige Zentimeter tief eingraben, kann eine zu starke Frostperiode fatale Folgen haben. Wenn die Temperaturen zu lange unter dem Gefrierpunkt bleiben, können Tiere in der Winterstarre erfrieren, bevor der Frühling sie aus ihrem starren Zustand erlöst.
Auch der Klimawandel und die milderen Winter bringen ihre Risiken für die Tiere mit sich. Möglicherweise werden sie durch die Temperaturen zu früh aktiv, können aber dann noch keine ausreichende Nahrung finden. Umgekehrt können unvorhersehbare Kälteeinbrüche im Frühjahr, nach einer vorzeitigen Aktivierung, das Überleben erschweren.
Winterruhe
Die Winterruhe ist die flexibelste Überwinterungsstrategie. Die Tiere reduzieren in den kalten Monaten zwar ihre Aktivität, fallen aber nicht vollständig in einen Tiefschlaf. Stattdessen ruhen sie phasenweise und können je nach äußeren Bedingungen, etwa milderen Temperaturen oder der Notwendigkeit nach Nahrung, zwischendurch aufwachen und aktiv werden.
Dafür fahren sie ihre Körpertemperatur nur leicht herunter und halten ihren Stoffwechsel auf einem moderaten Niveau. So können sie auch jederzeit auf äußere Reize reagieren. Auch die Tiere, die Winterruhe halten, müssen sich im Herbst einen entsprechenden Fettvorrat anfressen. Einige von ihnen (z.B. Bären) zehren dann den gesamten Winter über von diesen Reserven, während andere bei milderen Temperaturen ihr Winterquartier verlassen und sich auf die Suche nach neuer Nahrung machen.
Auch die Winterruhe ist für die Tiere aber nicht ganz ungefährlich. Ein vorzeitiges Erwachen oder häufige Aktivitätsphasen können den Energieverbrauch erhöhen und die Fettreserven schneller aufbrauchen, was das Überleben bis zum Ende des Winters gefährden kann. Durch den Klimawandel werden die Tiere teilweise zu früh im Jahr aktiv, finden nicht genug Nahrung oder kommen mit wiederkehrenden Kälteeinbrüchen nur schwer zurecht.
Autorin: Carina Pfeil